LG Traunstein: Verwertung von Dashcam Aufnahmen als Beweis im Zivilprozess

Das Landgericht Traunstein hat entschieden (LG Traunstein, Urteil vom 01.07.2016, Az.: 3 O 1200/15), dass die Aufnahmen einer sogenannten Dashcam beweisrechtlich verwertbar sind. Dies ist dann der Fall, wenn die technischen Voraussetzungen so sind dass gewährleistet ist, dass möglichst wenig in die Grundrechte der aufgezeichneten Personen eingegriffen wird. Die Rechte derjenigen, die aufgezeichnet werden, wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, können dann hinter dem Anspruch auf rechtliches Gehör, das Gebot des effektiven Rechtsschutzes und Beweissicherungsinteresse des Aufnehmenden zurücktreten.

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LAG Köln: Kommt der Lohn zu spät, muss Arbeitgeber pauschal 40 Euro zahlen

Seit dem Jahr 2014 gilt nach § 288 Abs. 5 BGB, dass der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners neben dem tatsächlich durch den Verzug entstandenen, konkreten Schaden auch Anspruch auf die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 EUR hat, wenn der Schuldner kein Verbraucher ist.

Bisher war offen, ob diese Norm auch auf den Vergütungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Die Frage ergibt sich aus der arbeitsrechtlichen Besonderheit, dass es dort (in Analogie zu § 12a ArbGG) grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gibt. Laut § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB soll die Pauschale in Höhe von 40 EUR jedoch mit den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu verrechnen sein, wenn der Gläubiger diese verlangen kann.

Das LAG Köln hat dies nun, so wie bereits zuvor das LAG Baden-Württemberg, bejaht (Urteil vom 22.11.2016, Az.: 12 Sa 524/16).

Wenn ein Arbeitgeber den Arbeitslohn zu spät oder unvollständig zahlt dann hat der Arbeitnehmer gemäß § 288 Abs. 5 BGB Anspruch auf pauschalen Schadensersatz in Höhe von 40 EUR.

Die Auffassung, wonach für das Arbeitsrecht eine Ausnahme gelte, lehnten die Richter ab. Die Auslegung der Norm erlaube keine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht. Schon der Wortlaut spreche eindeutig für eine Anwendung auch auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche. Im übrigen spreche auch Sinn und Zweck der Neuregelung für die Anwendbarkeit denn es gehe gerade darum Schuldner dazu zu bewegen, Zahlungen fristgemäß und vollständig zu leisten und auch Arbeitnehmer haben ein berechtigtes Interesse daran, den Arbeitslohn rechtzeitig zu halten.

Auch ist zu berücksichtigen, dass Zweck der Regelung des § 12a ArbGG jedenfalls in der Theorie ist, den Arbeitnehmer zu schützen, damit dieser nicht durch das potentielle Risiko, dem Arbeitgeber im Falle eines prozessualen Unterliegens dessen Anwaltskosten erstatten zu müssen, von der Führung eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht abgehalten wird. Bereits nach dem Wortlaut des § 288 Abs. 5 BGB kann von dieser Vorschrift jedoch nur der Arbeitnehmer begünstigt werden und nicht der Arbeitgeber.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision ans Bundesarbeitsgericht zugelassen.

 

OLG Köln: Bewertungsportal für Ärzte kein Verstoß gegen Datenschutzrecht

Eine Website zur Bewertung von Ärzten (im konkreten Fall Jameda.de) ist datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden, so das OLG Köln, Urteil vom 05.01.2017, Az.: 15 U 121/16.  Die Betreiber benötigen nicht die Einwilligung der Ärzte und es ist insbesondere auch zulässig, auf der Profilseite eines Arztes Verweise zu konkurrierenden Ärzten anzuzeigen.

Geklagt hatte eine niedergelassene Fachärztin, weil Jameda.de ohne ihr Zutun mit ihren persönlichen Daten eine Profilseite angelegt hatte. Die Ärztin sah sich dadurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und verlangte Löschung und Unterlassung. Sie ist der Auffassung, dass die Speicherung und Veröffentlichung ihrer persönlichen Daten im Zusammenhang mit der Einblendung der Profile (zahlender) konkurrierende Ärzte gegen das Datenschutzrecht verstößt. Auf diese Weise würde nicht nur eine – für sich genommen möglicherweise nicht zu beanstandende – Bewertungsfunktion bereitgestellt, sondern es finde eine Zwangskommerzialisierung der betroffenen Ärzte und ihrer Daten statt.

Das Gericht hat sich deshalb in der Frage auseinandergesetzt, ob tatsächlich eine werbliche Vereinnahmung der persönlichen Daten der Klägerin durch die Werbefunktion der Beklagten stattfindet und zwar in der Form, dass der Werbewert bzw. das Image der Klägerin dafür eingesetzt wird, die zusätzlich neben ihrem Profil eingeblendeten Ärzte zu bewerben.

Das OLG Köln hat dies verneint weil es davon ausgeht, dass die Werbefunktion der Beklagten bzw. deren Anknüpfung an die persönlichen Daten der Klägerin ersichtlich nicht den Zweck verfolgt, den Image- oder Werbewert der Klägerin auf die anderen Ärzte zu übertragen. Es soll auch nicht zum Ausdruck gebracht werden, die Klägerin würde die eingeblendeten Konkurrenten empfehlen. Schließlich sei auch nicht davon auszugehen, dass die persönlichen Daten der Klägerin als Bestandteil der von der Beklagten eingeblendeten Werbung Dritter im Sinne eines Aufmerksamkeitsfaktors genutzt werden.

Letztlich sollen den Nutzern einfach nur Alternativen angezeigt und Wahl- und Vergleichsmöglichkeiten geschaffen werden. Das ist – trotz Berücksichtigung der persönlichkeitsrechtlichen Belange der Klägerin – nicht zu beanstanden. Die Speicherung und Darstellung der Ärztedaten ist aufgrund des berechtigten Interesses der Nutzer von jameda.de nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig.

Die Revision ist zugelassen und es bleibt abzuwarten, wie der BGH über den Fall entscheiden wird.

OLG Dresden: Fragen nach Bewertung sind Werbung

Viele Händler bitten ihre Kunden darum, für den Shop oder die Ware eine Bewertung abzugeben. Nahezu jeder dürfte schon mal eine entsprechende Mail erhalten haben:

„Wie zufrieden waren Sie mit unserer Leistung?“

oder

„Bewerten Sie uns jetzt!“

Entsprechende E-Mails versenden viele Onlinehändler und Plattformen nach jedem Kauf. Für viele stellen sie ein unverzichtbares Werkzeug beim Marketing dar.

Das Oberlandesgericht Dresden, Urt. v. 24.04.2016, Az. 14 U 1773/13, hat nun noch einmal klargestellt: diese Anfragen sind eine Form der Werbung.

Deshalb sind sie ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Kunden rechtswidrig. Wer sie trotzdem ohne Zustimmung verschickt, riskiert es, abgemahnt zu werden.

Im Fall war eine Onlinehändlerin verklagt worden, in ihrer Feedback-Mail an Kunden fanden sich u.a. folgende Passagen:

„mit der Bitte um Teilnahme an einer Kundenzufriedenheitsbefragung“

und

„Gerne möchten wir Sie auch weiterhin als zufriedenen Kunden betreuen dürfen.“

Wie schon andere Gerichte zuvor, stuft auch das Dresdner OLG diese Anfrage als Werbung ein:

„Unabhängig von diesem werbenden Inhalt der beanstandeten E-Mails handelt es sich hier um eine Kundenzufriedenheitsbefragung, die als Werbung anzusehen ist. Sie dient zumindest auch dazu, Kunden zu behalten und zukünftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Durch die E-Mails wird dem Kunden der Eindruck vermittelt, die Beklagtenseite bemühe sich auch nach Geschäftsabschluss um ihn, z. B. indem sie wie in der E-Mail um eine persönliche Bewertung ihres Leistungs- und Serviceangebots bittet, um ein Bild über die Stärken und Schwächen aus der Sicht des Kunden zu gewinnen. Dadurch bringt der Unternehmer sich auch bei dem Kunden in Erinnerung, was der Kundenbindung dient und eine Weiterempfehlung ermöglicht. Zutreffend hat das Landgericht den Zweck dieser „Kunden-Nachbetreuung“, die sachlich außerhalb des geschuldeten Pflichtenprogramms steht, auch darin gesehen, weiteren Geschäftsabschlüssen den Weg zu ebnen und somit hierfür zu werben.“

Den Einwand, dass solche Anfragen üblich sind, haben die Richter nicht gelten lassen

Fazit: Es ist Vorsicht geboten, auf die Frage nach Feedback muss aber trotzdem nicht verzichtet werden. Bitten Sie ihre Kunden um Zustimmung. Dies kann bereits bei Vertragsschluss geschehen. Wichtig ist eine offene und freundliche Kommunikation. Dann geben Verbraucher auch gerne ihre Einwilligung.

BGH: Facebook Funktion „Freunde Finden“ ist rechtswidrig

Mit Urteil vom 14. Januar 2016 hat der erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden (Urteil vom 14.01.2016, Az.: I ZR 65/14), dass die Nutzung der „Freunde finden“ Funktion von Facebook eine unzulässige belästigende Werbung darstellen kann. Dies gilt zumindest dann, soweit auf diese Weise Einladungs-E-Mails an Personen versendet werden, die nicht schon bei Facebook registriert sind.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen Facebook geklagt.

Facebook lädt seine Nutzer ausdrücklich dazu ein, ihren privaten Bestand bekannter E-Mail-Adressen zur Plattform hochzuladen. Das soziale Netzwerk versendet dann automatisch E-Mails und lädt darin die Adressaten ein, sich beim Netzwerk zu registrieren.

Der Kläger sah in diesem Versand von Nachrichten an Nicht-Nutzer eine belästigende Werbung im Sinne von § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UWG.

Außerdem macht er geltend, dass die Beklagte ihre User im Rahmen des Registrierungsvorgangs in unzulässiger Weise darüber täuscht, in welchem Umfang die vom ihnen importierten E-Mail-Adressen von Facebook genutzt werden.

Der BGH hat beide Verstöße bestätigt:

„Einladungs-E-Mails von „Facebook“ an Empfänger, die in den Erhalt der E-Mails nicht ausdrücklich eingewilligt haben, stellen eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar. Die Einladungs-E-Mails sind Werbung der Beklagten, auch wenn ihre Versendung durch den sich bei „Facebook“ registrierenden Nutzer ausgelöst wird, weil es sich um eine von der Beklagten zur Verfügung gestellte Funktion handelt, mit der Dritte auf das Angebot von „Facebook“ aufmerksam gemacht werden sollen. Die Einladungs-E-Mails werden vom Empfänger nicht als private Mitteilung des „Facebook“-Nutzers, sondern als Werbung der Beklagten verstanden.

Durch die Angaben, die die Beklagte im November 2010 bei der Registrierung für die Facebook-Funktion „Freunde finden“ gemacht hat, hat die Beklagte sich registrierende Nutzer entgegen § 5 UWG** über Art und Umfang der Nutzung der E-Mail-Kontaktdaten getäuscht. Der im ersten Schritt des Registrierungsvorgangs eingeblendete Hinweis „Sind deine Freunde schon bei Facebook?“ klärt nicht darüber auf, dass die vom Nutzer importierten E-Mail-Kontaktdaten ausgewertet werden und eine Versendung der Einladungs-E-Mails auch an Personen erfolgt, die noch nicht bei „Facebook“ registriert sind. Die unter dem elektronischen Verweis „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert“ hinterlegten weitergehenden Informationen können die Irreführung nicht ausräumen, weil ihre Kenntnisnahme durch den Nutzer nicht sichergestellt ist.“

Fazit:
Spannend dürfte werden, wie sich diese Entscheidung auf das auch sonst im Internet weit verbreitete Empfehlungsmarketing auswirkt, sog. „Tell-a-Friend“. Dieses war bisher unter gewissen Voraussetzungen noch zulässig. Genaueres wird man dazu aber erst sagen können, wenn der BGH das Urteil im Volltext zur Verfügung stellt.

Die Pressemitteilung kann hier abgerufen werden.

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